Plastiktüten – ein altes Problem in modernem Gewand
Trotz besseren Wissens um die immensen Schäden für die Umwelt landen immer noch Kunststoffverpackungen jeder Art in jeden Haushalt und damit auf dem Müll. Allein im Jahr 2016 waren es mehr als 18 Millionen Tonnen Kunststoffmüll, der in Deutschland entsorgt wurde. Wer dabei hofft, es handele sich hierbei größtenteils um recycelte Verpackungen, der irrt. Nicht einmal die Hälfte des 2016 entsorgten Verpackungsmülls aus Kunststoff war aus recyceltem Kunststoffmaterial. Was jedoch ebenso fatal wie der Plastikmüll selbst erscheint, sind die vielen Müllbeutel aus Plastik, vermeintlichem Bioplastik und auch Papier, die sich ebenso schädlich auf unsere Umwelt auswirken. Dabei gibt es mittlerweile doch ausreichend Alternativen zu herkömmlichen Plastikmülltüten. Doch weißt du sicher, welche Alternativen tatsächlich die besseren sind? Denn auch hier hält sich so mancher Irrglaube fast so lange wie die Plastiktüte selbst.
Polyethylen: Umweltfreundlich oder Augenwischerei?
Polyethylen wird meist als HDPE und LDPE für Kunststoffverpackungen und eben auch Mülltüten verwendet.
Es soll für Mensch und Umwelt ungiftig sowie beständig recycelbar sein.
Doch was ist dran – an diesem Loblied auf LDPE und anderen Polyethylen-Verbindungen?
Der Begriff LPDE oder auch PE-LD ist die Abkürzung für „low density polyethylen“.
Dieses Weich-Polyethylen wird unter hohem Druck hergestellt und gehört zu den am häufigsten zum Einsatz kommenden Kunststoffen überhaupt. Neben LDPE und LLDPE gibt es noch etliche weitere Polyethylene, die in der Plastikproduktion eine Rolle spielen.
Das Polyethylen HDPE findet häufig für Plastiktüten Verwendung, während LDPE als lebensmittelecht gilt und meist in Folien zum Einsatz kommt.
Daneben kommt LPDE jedoch auch in Form von Müllsäcken bzw. Mülltüten in den Handel. Doch welche Form von Polyethylen auch immer: Polyethylen ist bereits in der Herstellung alles andere als umweltfreundlich.
Die Herstellung von Polyethylen
Polyethylen besteht aus Erdgas oder auch Rohöl. Aus diesem wird Ethylengas und dann wiederum LDPE oder HDPE produziert.
Abgesehen von dem immens hohen Energieaufwand kommen bei der unumgänglichen Lösungspolymerisation toxisches Hexan oder Toluol als Katalysatoren zum Einsatz. Diese sind nicht nur für Mensch und Tier gesundheitsschädlich, sondern vergiften auch nachhaltig die Gewässer.
HDPE oder LDPE selbst wiederum sollen weder gesundheitsschädlich noch giftig für Mensch oder Natur sein.
Da sie als lebensmittelecht gelten und keine Weichmacher enthalten, finden diese Polyethylene oft als Lebensmittelverpackungen Verwendung.
Auch in der Entsorgung bereiten sie weniger Sorgen als andere Polyethylen-Arten, denen Weichmacher oder PVC beigemischt wurde. Denn sie werden verbrannt, wobei beim Verbrennen lediglich Wasser und Kohlendioxid übrigbleiben. Es entstehen auch keine toxischen Dämpfe. Außerdem ist Polyethylen recycelbar, weshalb es deutschlandweit oft verwendet wird. Doch leider belasten die hohen Mengen an Kohlendioxid, die beim Verbrennen anfallen, trotzdem die Umwelt und tragen ganz klar zum Klimawandel durch Treibhauseffekt bei.
Auch das unsachgemäße Entsorgen von Polyethylen und anderen, nicht biologisch abbaubaren Kunststoffarten belastet die Umwelt auf lange Zeit. Das beim Zerfall entstehende Mikroplastik ist mittlerweile sogar in unsere Nahrungskette gelangt. Biopersistenter Polyethylen ist also auch keine echte Alternative, wenn es um umweltfreundliche Mülltüten geht. Denn recycelbar heißt nicht automatisch umweltfreundlich!
Der perfekte Müllbeutel – die Qual der Wahl
Obwohl die Erfindung des Müllbeutels bereits in den 1950er Jahren stattfand, war er erst in den 70er Jahren so gut wie in jedem Haushalt Deutschlands zu finden.
Was einst vermutlich eher eine Standartanfertigung war, lässt heute an Wahlmöglichkeiten bezüglich des Materials, Farbtons und der Größe kaum zu wünschen übrig. Denn hier gibt es etliche Unterschiede, die sich durch Herstellung und Abbau ebenso unterschiedlich auf die Umwelt auswirken.
Dennoch kann man die jeweiligen Mülltüten grob in 3 Hauptmodelle unterteilen:
• Herkömmliche Plastik-Müllbeutel:
Diese Plastiktüten aus Polyethylen werden aus Erdöl hergestellt. Ob in der Restmülltonne oder dem gelben Sack, der meist ebenso aus herkömmlichem Plastik besteht: Diese Plastiktüten sind reißfest und damit unkaputtbar. Doch genau dadurch schädigen sie die Umwelt auf unabsehbare Zeit. Durch diese riesigen Müllberge gelangen jährlich hunderte von Tonnen Plastik in unser wertvolles Ökosystem. Auch die Ozeane ersticken mittlerweile unter einer Schicht von Plastikmüll. Wissenschaftler befürchten, dass in den nächsten 25 bis 30 Jahren mehr Plastikmüll als Fische in den Meeren zu finden sein werden.
• Papiermülltüten:
Papiertüten sind in der Regel biologisch abbaubar, das heißt, sie werden mit der Zeit in ihre Hauptelemente wie Kohlen-, Sauer- und Wasserstoff zerlegt. Während manch ein Kunststoff lediglich in kleinere Bestandteile zerfällt und dann als Mikroplastik die Umwelt und damit auch unsere Gesundheit belastet, dürfen Papiermülltüten sogar in die Bio-Tonne. Allerdings sind diese Tüten weder reißfest noch sehr belastbar, weshalb sie sich nicht für alle Arten der Müllentsorgung eignen.
Außerdem benötigt ihre Herstellung enorm viel Wasser und Energie – vom Rohstoff Holz einmal ganz zu schweigen. Das meist importierte Holz belastet zusätzlich die Ökobilanz. Doch ist Papier recycelbar, was wiederum den Energie-, Wasser- und Rohstoffverbrauch für Papiermülltüten erheblich senken kann. Denn für die Produktion von Papiermülltüten aus recyceltem Papier werden wesentlich weniger dieser Ressourcen verbraucht als für die Frischfaserproduktion.
• Bio-Mülltüten
Die meisten Abfalltüten aus Bio-Plastik bestehen aus kompostierbaren, weil pflanzlichen Rohstoffen. Mais, Kartoffeln und vor allem Zuckerrüben haben sich hinreichend bewährt. Denn sie enthalten wertvolle Stärke, die als perfekter Ersatz für Kohlenstoff gelten. Damit sind die meisten Bio-Müllbeutel nachhaltig und umweltfreundlich. Doch auch hier gibt es wiederum einige Unterschiede. Hinter dem Begriff BIO verbirgt sich so manch schwarzes Schaf.
Übrigens: Nicht jeder recycelter Müllbeutel ist auch biologisch abbaubar – so wie auch nicht jeder Bio-Müllbeutel unbedingt recycelt sein muss.
Leider sind auch nicht alle Bio-Mülltüten zu 100% biologisch abbaubar und kompostierbar, was auf den ersten Blick nicht immer erkennbar ist. Hier heißt es also: Augen auf beim Tütenkauf!
Denn damit eine Bio-Mülltüte auch tatsächlich umwelt- und ressourcenschonend ist, muss sie einige Bedingungen erfüllen.
Auch beim Müllbeutel ist Bio nicht immer bio
Neben herkömmlichen Plastik- oder auch Papiermülltüten kannst du mittlerweile beinahe überall auch Mülltüten aus Bio-Kunststoff kaufen.
Begriffe wie "biologisch abbaubar", "zu 100% kompostierbar" oder auch "Öko-Müllbeutel" wiegen den Verbraucher jedoch oftmals in trügerischer Sicherheit. Denn auch in diesen können sich erdölbasierte Kunststoffe verstecken, die zwar biologisch abbaubar sind – dies aber erst im Laufe vieler Jahre. Bis dahin belasten diese Bio-Plastiktüten dennoch die Umwelt. Was viele Verbraucher nicht wissen:
Biomüllbeutel gehören aus diesem Grund auch nicht in den Biomüll. Durch die langsame Zersetzung fallen jede Menge Plastik-Kleinteile an, die in der Biomüllentsorgung zu einem immer größeren Problem werden.
Kompostierbar? Was heißt das?
Der Begriff "kompostierbar" bezieht sich auf die generelle biologische Abbaubarkeit. Er sagt jedoch nichts über den jeweiligen Zeitraum aus, den diese Mülltüte benötigt, bis sie vollständig abgebaut ist. In einer Kompostier-Anlage kann eine solch kompostierbare Mülltüte nicht vollständig abgebaut werden. Stattdessen zerfällt der Bio-Kunststoff ebenso zu Mikroplastikteilen, die dann nicht mehr vom übrigen Kompost zu trennen sind. Bio-Mülltüten ganz ohne Erdöl-Komponenten (beispielsweise aus Zuckerrohr) sind daher eine echte Alternative zu herkömmlichen Mülltüten.
Kompostierbare Bio-Mülltüten sind also grundsätzlich eine gute Alternative, sollten jedoch trotzdem nicht automatisch in der Bio-Tonne entsorgt werden.
Bio-Mülltüten – Wichtig zu wissen:
• Der Begriff „kompostierbar“ oder “biologisch abbaubar” bezieht sich lediglich auf die Eigenschaft, jedoch nicht auf die Rohstoffe in der Mülltüte.
• Der Begriff „Bio-Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen“ steht für biobasierte Rohstoffe wie Mais oder Zuckerrohr.
• Das sogenannte Keimling-Symbol sagt aus, dass das jeweilige Material für die Bioabfallsammlung zugelassen ist.
Fazit:
Experten sind der Meinung, dass biologisch abbaubare Kunststoffe bzw. Mülltüten aus nicht zu 100% biobasierten Rohstoffen am besten über den Restmüll entsorgt werden.
Sie plädieren dafür, mehr Kunststoff-Alternativen aus nachwachsenden Rohstoffen anzubieten. Denn diese sind ökologisch sinnvoller als herkömmliche, fossilbasierte Kunststoff-Tüten. Wären diese dann auch noch recycelbar, könnte der Vorteil noch größer sein. Denn Recyceln ist wesentlich sinnvoller als eine biologische Abbaubarkeit, die letzten Endes nur in der Theorie existiert.
Generell sind also Müllbeutel aus recycelten Kunststoffen die bessere Alternative zu herkömmlichen Plastiktüten. Der Blaue Engel zeigt an, dass das Material mindestens zu 80% aus recyceltem Plastikmaterial besteht.
Ansonsten heißt es auch beim Bio-Mülltütenkauf: Aufs Kleingedruckte achten und sich an die Regeln zur sachgemäßen Entsorgung achten!
Die beste Alternative überhaupt: Nach Möglichkeit auf Mülltüten verzichten!
Quellen:
https://www.galileo.tv/life/muellbeutel-oekologisch-biomuell-umweltfreundlich-alternative/
https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Muellbeutel-aus-Plastik-im-Praxistest,muellbeutel102.html
https://www.duh.de/themen/recycling/plastik/plastiktueten/